Unterwegs mit
Fritz Bühlmann, Wanderwegverantwortlicher (Bezirksleiter) im Lauterbrunnental
Ohne seine Arbeit würden wir früher oder später vom rechten Weg abkommen. Wortwörtlich. Fritz Bühlmann sorgt dafür, dass die Wegweiser und Markierungen im Lauterbrunnental für alle gut sichtbar sind.
Mit einem Schwamm putzt er den gelben Wegweiser. Mit einem Schraubenzieher zieht er eine lockere Schraube wieder an. Ein paar Meter weiter greift er zu Pinsel und Farbe. Die weiss-rot-weisse-Markierung ist nur noch schlecht ersichtlich, muss nachgebessert werden. Seit sechs Jahren unterhält Fritz Bühlmann im Lauterbrunnental die Wanderwege. Wir haben den 71-Jährigen bei der Arbeit begleitet.
Mit Schwamm…
«Hotel Stechelberg» heisst die letzte Haltestelle der Linie 141 im Lauterbrunnental. Weiter geht es mit dem Postauto nicht. Und auch für Autofahrer*innen ist hier Endstation. Nicht so für uns. Fritz Bühlmann ist im Besitz einer Spezialbewilligung. Mit ihm fahren wir noch ein, zwei Kilometer weiter. Stetig bergauf. Bis Sichellauenen. Bis zur Abzweigung «Pfäffer». Ab hier geht es für uns zu Fuss weiter. Und hier steht auch bereits ein erster Wegweiser. Fritz Bühlmann zückt einen Schwamm und bringt den dreckigen Wegweiser wieder auf Vordermann.
… Farbe und Pinsel…
Nach getaner Arbeit wandern wir los. In Richtung Trachsellauenen. Zu Beginn geht es gleich steil bergauf. «Bewegung ist wichtig, insbesondere im Alter», sagt der rüstige Rentner. Ich bin froh, kommt schon bald eine erste Markierung, die nachgebessert werden muss. Mit anderen Worten: Ich kann kurz durchschnaufen, während Fritz Bühlmann zu Pinsel und Farbe greift. Zusammen mit dem Schwamm trägt er diese in einem Plastikkessel mit sich herum. Sorgfältig zeichnet er zuerst die rote, danach die beiden weissen Linien auf dem Stein nach. «Wenn ich müde bin, nach einem langen Wandertag, kommt es schon mal vor, dass ich den roten Pinsel in die weisse Farbe stecke oder umgekehrt», sagt Fritz Bühlmann – und lacht. Heute sind wir auf einem Bergwanderweg unterwegs (siehe Link «Die verschiedenen Schwierigkeitsgrade» am Artikelende). Die gelbe Farbe – zum Markieren von einfachen Wanderwegen – konnte er heute zuhause lassen. Blaue Farbe für die Alpinwanderwege benötigt er nie, da er diese nicht betreuen muss.
… Schrauben und Säge
Beim Putzen des nächsten Wegweisers stellt Fritz Bühlmann fest, dass diesem ein paar Kabelschellen fehlen. «Das kommt immer nur in diesem Gebiet vor. Vermutlich kann ein Bauer in der Nähe diese ‹Briden› gut gebrauchen.». Bühlmann nimmt Ersatz aus seinem Rucksack – und repariert den Wegweiser. Der 71-Jährige aus Ringgenberg ist für viele Eventualitäten gerüstet. Auch einen Schlüssel für die Rohrschrauben, eine Säge, eine Beisszange und eine kleine Trittleiter finden sich in seinem Rucksack.
Eine marode Brücke
Kurz nach jedem Wegweiser befindet sich eine Markierung. «Sie bestätigt den Wegweiser. Das ist so vorgeschrieben», erklärt Fritz Bühlmann. Mittlerweile befinden wir uns in einem Waldstück, überqueren kleine Bäche. Auf einer Brücke bleibt er stehen: «Die macht es wohl nicht mehr lange.» Bühlmann notiert sich die Stelle in seinem Notizbuch. «Am Abend werde ich dies dem Wegmeister von Lauterbrunnen melden, der dann die Brücke reparieren wird. Das geht jeweils sehr schnell.»
160 km pro Jahr
Ziemlich genau 160 km Wanderwege läuft Fritz Bühlmann jedes Jahr ab. Verteilt auf 10 bis 15 Tage. Entschädigt wird er mit 60 Franken pro Tag, plus Spesen. Ein kleiner Zustupf für seine Rente, viel mehr aber eine gesunde Beschäftigung. Und nicht zuletzt kann er sein Hobby mit der Arbeit verbinden. Velofahren und Wandern sind nämlich seine liebsten Freizeitbeschäftigungen – und Blumen. Unterwegs macht er uns denn auch aufmerksam auf blühende Orchideen und gibt Tipps, wo im Lauterbrunnental besonders schöne Blumenwiesen anzutreffen sind. Die Wanderwege klappert Fritz Bühlmann normalerweise allein ab. «Ich kann dabei so richtig abschalten. Das geniesse ich.» Manchmal wird der Vater und Grossvater von seiner Frau begleitet. «Aber ihr ist das Tempo zu langsam mit den vielen Stopps, die wir unterwegs einlegen müssen. Sie überlässt mir den Job gerne.»
Neue Markierungen
Wir verlassen den Wald, kommen auf eine Wiese mit Kühen am rechten und Ziegen am linken Wegrand – und mit einer tollen Aussicht. Der Weg aber ist unübersichtlich. Bühlmann entscheidet sich, zwei neue Markierungen anzubringen. «Im Moment sind viele ungeübte, neue Wandererinnen und Wanderer unterwegs, die sich leicht verlaufen.»
Auch im Winter gefordert
Der Grossteil der Arbeit fällt für Fritz Bühlmann im Frühling an, vor der Wandersaison. Wann genau er unterwegs ist, entscheidet jedoch Petrus. «Die Farbe muss trocknen können. Wenn es nass ist oder Gewitter drohen, kann ich nicht gehen.» So fiel beispielsweise in diesem Jahr der Mai wortwörtlich ins Wasser. Aber auch im Winter ist Bühlmann gefordert. Etwa beim Auf- und Abbau von Schneeschuhtrails. Einige Wegweiser müssen im Winter zudem aus Sicherheitsgründen – etwa, wenn sie auf einer Skipiste liegen – abgebaut werden.
Glücksfall Lauterbrunnental
Bühlmann arbeitet noch als Physiotherapeut in seiner eigenen Praxis, als er sich vor etwas mehr als sechs Jahren bei den Berner Wanderwegen meldet und nach einem freien Gebiet in seiner Nähe erkundet. «Ich wollte für meine Pension vorsorgen, mir eine kleine Beschäftigung zulegen.» Früher als von ihm erwartet, wird ein Gebiet frei. Das Lauterbrunnental. «In den ersten beiden Jahren habe ich die Wanderwege parallel zu meiner Arbeit als Physiotherapeut betreut.» Sein Einsatzgebiet bezeichnet er als Glücksfall. «Ich kannte das Lauterbrunnental vorher nicht so gut», so der gebürtige Erlenbacher und Uetendorfer. Nun aber ist Fritz Bühlmann verliebt in die Region. «Ich kann gar nicht sagen, wo es im Lauterbrunnental am schönsten ist. Es gibt hier schlicht so unglaublich viele schöne Orte.»
Unsere Wege trennen sich
Nach rund zwei Stunden erreichen wir das Berggasthaus Trachsellauenen. Hier gönnen wir uns eine kleine Pause. Ob er diese Arbeit noch weitere sechs Jahre machen werde, will ich von Fritz Bühlmann wissen. «Das hängt ganz von meiner Gesundheit ab. Wenn ich körperlich dazu in der Lage bin, wieso nicht.» Auf einer Karte zeigt er uns noch sein Einsatzgebiet. Es ist... gross. Es reicht vom Sandweidli via Oberhornsee bis zur Schmadrihütte, respektive via Isenfluh, Sous und Schwalmere bis zur Lobhornhütte. Danach trennen sich unsere Wege. Für die Fotografin und mich geht es zurück ins Büro, während für Fritz Bühlmann noch einige Höhenmeter anstehen. Mit der einen oder anderen Pause. Denn hinauf zum Berggasthaus Tschingelhorn auf knapp 1700 m ü. M. warten heute noch einige Markierungen auf einen Neuanstrich.
Mehr Informationen
Berner Wanderwege
Zur Webseite
Die verschiedenen Schwierigkeitsgrade
Fotos: Sina Fuchser
Story: Raphael Hadorn
Frühling 2023
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